An Anfang stand die Herausforderung: Ein Gezeitentörn war gefragt, aber bitte vom Wetter her nicht so kühl. Etwas Sonne wäre auch nicht schlecht. Dazu dürfte kulinarisch und kulturell auch etwas geboten werden und die Anreise sollte auch nicht um die halbe Welt gehen.
Da war ich als Skipper doch schon mal ganz schön gefordert. Klar, bei dem Stichwort „Gezeiten“ fällt einem zunächst mal das tolle, aber auch etwas rauhe Revier vor Saint-Malo und zwischen den Kanalinseln ein. Haarscharf in der Zugbahn der nordatlantischen Störungen gelegen wird es dort aber leider auch im Frühsommer schon gern mal etwas kühler und nasser. Dieses an sich tolle Revier fiel also aus.
Nach einigem hin und her überlegen erinnerte ich mich an den netten Kontakt mit Wilfried Krusekopf, über den sich vor Jahren mal die Möglichkeit für einen fantastischen Segeltörn in der Nordbretagne ergab.
Sein Tipp damals für entspannte Gezeitentörns mit quasi einer „Schönwetter-Garantie“ war die südliche Bretagne, das Seegebiet zwischen der Pointe du Raz im Norden und Saint-Nazaire an der Mündung der schönen Loire. Ein paar Recherchen und Mails an die Crew stand es dann fest: Wir fahren nach Frankreich, die Küsten der Südbretagne wollen erkundet werden.
In die Heimat der Segelhelden: La-Trinité-sur-Mer.
Auf der Suche nach einer Yacht vom Typ „Alubat Ovni„, einer für dieses Segelrevier besonders gut geeigneten französischen Yacht, wurde ich wie gewohnt kompetent und freundlich vom Hamburger Scansail-Team um Jochen Eschenburg unterstützt. Denn ein Boot dieses Typs zu finden und dann direkt vor Ort zu chartern war nicht nur sehr schwierig sondern überforderte meine rudimentären Französischkenntnisse doch etwas.
Die netten Leute von Scansail fanden „unsere“ Ovni dann auch schnell bei Alternative Sailing in La-Trinité-sur-Mer.
Dieser Hafen ist eine bekannte Basis für die „ganz grossen“ Regattayachten und Katamarane sowie deren Besatzungen. Wahrscheinlich kommt man diesen Profis auch nirgendwo näher, denn als Gastlieger macht man inmitten dieser Szenerie fest. Der Gästesteg ist auch der Liegeplatz dieser Renngeräte. Fantastisch!
Zur Törnvorbereitung besorgte ich mir dann noch zwei Revierführer, den „Almanach Breton„, das kompaktere der beiden französischen nautischen Standardwerke.
Der an Bord aller Charteryachten meist vorhandene „Bloc Marine“ ist sehr unhandlich und trägt vor allem im Gepäck sehr schwer auf.
Meine absolute Empfehlung, wenn Du dort segeln möchtest!
Die Anreise nach La-Trinité ist recht einfach: Entweder in wenigen Stunden über Paris mit dem TGV oder per Flugzeug mit HOP!, der Regionalflugline der Air France, über Paris Orly nach Lorient und von dort in ca. 40 Minuten mit dem Taxi an den Steg.
Auch eine Anreise mit dem Auto ist relativ einfach möglich, kam für unsere Crew nach einigem Überlegen nicht in Frage.
Am Freitag, den 16.06.2017 war es gegen Abend schliesslich so weit. Wir konnten „unsere“ Ovni 395 mit dem Namen „Ster Vraz“ am Steg von Alternative Sailing übernehmen.
Ein echtes „Franzosen-Boot“ in seinem ursprünglichen Habitat – Da kam schon im Vorfeld so etwas wie Weltumsegler-Feeling auf. An den Davits baumelte das Beiboot, auf dem Geräteträger eine üppig dimensionierte Solaranlage und alle Beschläge und Einbauten machten einen sehr soliden und gut verarbeiteten Eindruck. Das man mit dieser tollen Yacht auch noch dank dem variablen Tiefgang trockenfallen konnte, war ein echtes I-Tüpfelchen. Hoffentlich würde sich diese Gelegenheit ergeben…
Da die Charter an der französischen Küste anscheinend vielfach von Samstag Morgen bis Freitag Abend laufen, konnten wir an dem Abend noch gemütlich bunkern, das Boot und die nähere Umgebung des Hafens Kennenlernen.
Am späteren Abend sanken wir dann das erste mal in die komfortablen Kojen an Bord unserer Yacht, die für die nächste Woche unser schwimmendes Daheim sein sollte.
Welche Abenteuer wird uns die südliche Bretagne bereithalten?