Ein Mittsommer-Törn durch die dänische Südsee:
Kleine Häfen, grosser Himmel und brennende Hexen.
Ein Seglerparadies mit vielen Inseln und Fjorden soll es sein: Die dänische Südsee, an der Ostseeküste.
Eine Südsee? Nördlich von Flensburg? Das muss doch einen Haken haben…
Also los, verlassen wir die Alpen und drehen wir dem Mittelmeer für einmal den Rücken zu. Auf geht’s in des Deutschen angeblich liebstes Segelrevier!
Zum Mittsommer lockt natürlich auch die Aussicht auf Sankt Hans, dem Fest an dem die Dänen traditionell mit Feuern und Gesang die bösen Geister austreiben. Eine Reise in die Zeit des Jahres, in der die Sonne im Norden einfach nicht untergehen will.
Wir starteten also am 19. Juni Abends in Basel mit dem Nachtzug Richtung Hamburg und standen pünktlich am Nachmittag des nächsten Tages in Aabenraa auf dem Steg des Aabenraa Båd Club. Dort sollten wir unsere gecharterte Bavaria 38 übernehmen. Das Abenteuer konnte losgehen.
Wir hatten dieses Jahr „unsere“ Bavaria 38 über So-Long-Yachting bei Dagen-Yachtcharter gechartert. Der Startpunkt Aabenraa liegt optimal, direkt im Zielgebiet. Man ist quasi schon direkt drin, im Vergnügen.
Nur leider standen wir zunächst allein auf dem Steg. Jan von Dagen war noch unterwegs und dann musste noch eine Crew vor uns eingecheckt werden. Tja, das sind dann so die Nachteile wenn man im Outback chartert und es keine „richtige“ Charterbasis vor Ort gibt. Mitunter ist halt nicht nur in südlichen Gefilden Geduld und Verständnis gefragt.
Die Übernahme unserer „Just for Fun“ ging recht flott und unkompliziert von der Hand.
Dummerweise war keines der von uns bestellten Extras auf der Yacht zu finden. So musste der Jan leider nochmal hin- und her fahren, um zumindest das Bettzeug für die doch etwas kühleren Nächte zu besorgen.
Auf das Dinghy und den Aussenborder hingegen verzichteten wir dann, zumal unser Boot über keine elektrische Ankerwinsch verfügte.
Ansonsten kann man über den Zustand des Bootes keine schlechten Worte verlieren: Alles in gutem Zustand, nur wozu braucht eine 38’er Bavaria ein Bugstrahlruder und eine Heizung!? Wir sollten es erfahren.
Nach dem Bunkern, dem Erkunden der Umgebung und einem ersten gemeinsamen Abendessen wurde es dann noch ziemlich spät. Denn wenn man Nachts um halb zwölf fast noch Zeitung lesen kann, vergeht schnell das Zeitgefühl.
Ab in die Koje, die dänische Südsee wartet.
1. Der kleine Belt. Fast ein Binnenmeer und doch viel grösser.
Schier endlos spannt sich der Himmel über dem intensiv leuchtenden Wasser.
Immer ist knapp über dem Horizont ein schmaler Streifen Land in diesem Inselmeer zu sehen. Tief und schnell ziehen die Cumulus-Wolken von West nach Ost. Das ist sie also, die dänische Südsee.
Wir sind da!
Nachdem wir uns über den Dänischen Wetterdienst DMI und die leider auf Ende Juni 2017 eingestellte DP07-App mit den neuesten Wettermeldungen versorgt hatten, ich die obligatorische Sicherheitseinweisung gemacht und wir gemeinsam die wichtigsten technischen Einrichtungen unserer „Just for Fun“ erkundet hatten, konnte es gegen Mittag dann endlich losgehen: Leinen los in Apenrade, wie Aabenraa auf Deutsch heisst.
Nach einem kurzen Einfahr-Training in der Bucht von Aabenraa lockte endlich der kleine Belt.
Landschaften wie hingemalt, mit schon sehr nordisch anmutenden Häusern am Ufer glitten an uns vorbei. Das erste Mal kam richtiges Urlaubs-Feeling auf. Es fehlte einzig noch der Wind zum vollkommenen Segelglück.
Der liess zum Glück nicht lang auf sich warten. 3 Beaufort aus Ost. Das langte für 5 bis 6 Knoten Fahrt Halbwind nach Norden.
Dermassen geschwind unterwegs, erreichten wir schon gegen halb vier die Einfahrt des Hafens von Bågø. Welch ein Kleinod öffnete sich hinter der Palisadenwand, die den Hafen gegen süd-westliche Winde schützt. Ich liebe kleine, verträumte Inselchen.
Schnell waren die Leinen im kleinen Hafen, in dem nur wenige andere Segelboote lagen, fest und die Insel konnte erkundet werden.
Dazu stehen direkt am Hafen recht viele Miet-Fahrräder einfach am Strassenrand.
Man sucht sich also einen passenden fahrbaren Untersatz aus, wirft den Mietbetrag in eine daneben stehende Milchkanne und schon geht es los. Praktisch.
Die Milchkannen kamen dann später übrigens noch öfter vor.
Also eigentlich immer, wenn es etwas zu bezahlen gab und niemand zum Einkassieren vor Ort war. Kanne = zahlen. So einfach ist das.
Im kleinen Ort in der Inselmitte gibt es keine Läden, aber in einzelnen Höfen kann man in Hofläden Konfitüren, Tiefkühlfleisch und Saisonales erwerben. Bezahlt wird dann ganz einfach in einer Milchkanne.
Sehenswert fand ich neben der Landschaft, die höchste Erhebung beträgt acht Meter, die beiden Kirchen.
Eine russisch orthodoxe, kleine Kirche am Wegesrand vor dem Ort und natürlich die Ortskirche mit dem obligatorischen Schiffsmodell, mit dem den auf See gebliebenen Seelen gedacht wird.
Ein paar Impressionen von Bågø:
Irgendwann, ziemlich spät, wurde es dann auch hier auf diesem Eiland schliesslich Abend.
Nun lernten wir die Vorzüge unserer Heizung an Bord kennen, denn auch in der Südsee kann es schon mal kühl werden. Während also draussen schon mal leise der eine oder andere Regenschauer auf das Deck prasselte und die eine oder andere Want eine Böe verkündete, muckelten wir uns unter Deck schön gemütlich ein.
Das Wetter ändert schnell, im Norden.
Tagesetappe:
Start: Aabenraa
Zielhafen: Bågø
Seemeilen: 14 Segel / 13 Motor
Fahrtdauer: 05:15 h
2. Inselhüpfen.
„Hyggelig … Das ist die Kunst, Intimität zu schaffen, ein Gefühl von enger Freundschaft, Heiterkeit und Zufriedenheit. Alles kombiniert in einem Begriff.“
Mehr gibt es zu unserem ersten Inselbesuch auf Bågø, dieser kleinen hyggeligen Perle mitten im Belt, zusammenfassend eigentlich nicht zu sagen.
Ganz im Vertrauen, so unter uns: Solche Orte verführen mich zum Verweilen.
Deswegen musste am Vormittag noch der Leuchtturm von Bågø besichtigt werden, der unweit des Hafens auf den Besuch wartet.
Im Innern findet man eine Ausstellung zur Insel-Geschichte, bei der natürlich die grosse Sturmflut von 1872 einen grossen Raum einnimmt.
Und wenn draussen mal wieder einer dieser kurzen Schauer niedergeht, kann man sich fast ein bisschen wie ein einsamer Leuchtturm-Wärter mitten im Meer fühlen.
Nach einem ausgiebigen und späten Frühstück und dem Aufklaren des Wetters gingen schliesslich die Leinen um 13:00 Uhr los.
Adieu Bågø, ich hätte es wohl noch länger mit Dir ausgehalten…
Südwärts, den kleinen Belt hinunter.
Zunächst steuerten wir südwärts, dem Inselmeer unterhalb Fünens entgegen. Was auf der Karte schon so spannend aussah musste einfach näher in den Augenschein genommen werden.
Der Wind war nach den Schauern des Morgens eingeschlafen und so fuhren wir gemütlich unter Maschine bis wir dann gegen 15:15 Uhr das Leuchtfeuer „Helnæs fyr“ querab hatten.
Und endlich gab es auch ausreichend Wind und wir konnten die Lappen hochziehen.
Mit unserer Kursänderung nach Süd-Ost und eher Süd-Südwestlichen Winden machten wir gute fünf bis sechs Knoten Fahrt in Richtung unseres heutigen Ziels: Dem Inselhafen von Lyø. Bereits um 17:30 waren wir da.
Wieder ein gemütlicher, schöner und romantischer Hafen, der sich uns ebenfalls halb leer präsentierte.
Wir konnten uns den Liegeplatz bequem aussuchen. Keine Spur von Päckchen liegen oder gar Gedrängel vor den sanitären Anlagen. Freundliche Menschen allenthalben: So macht ein Segeltörn richtig Spass!
Lyø ist ebenfalls ein dänisches Kleinod.
Grüne Wiesen und Landwirtschaft prägen den Charakter dieser kleinen Insel, die sich maximal 24 Meter aus dem Wasser erhebt. Ganze 95 Bewohner siedeln auf diesem Eiland und im Zentrum, gut anderthalb Kilometer vom idyllischen Hafen entfernt, im einzigen Ort Lyø By, gibt es neben dem Købmann sogar ein richtig gutes, kleines Restaurant.
Das Dorf strahlt eine zufriedene Ruhe aus und ist absolut einen Besuch wert.
Vor dem Kaufmannsladen kann man auf der Terrasse mit den Einheimischen zusammen ein oder zwei Bier trinken und dann die gemütliche Inselerkundung zu Fuss in Angriff nehmen.
Wer nicht an Bord essen möchte, kehrt ins Café Højen ein und lässt sich dort auf die richtig dänische Art bekochen. Insbesondere auf die Desserts scheint man dort richtig stolz zu sein, allerdings war mir ein Test der süssen Köstlichkeiten verwehrt: Allzu üppig lag der Hauptgang auf. Meinen Mitseglern nach zu urteilen ist das Dessert allerdings sehr gut und rundum empfehlenswert.
Ein Spaziergang tut nach einem opulenten Mahl ganz gut und man entdeckt das ländliche Dänemark.
Wiesen, Felder und vereinzelte Bauernhöfe. Wo man auf Menschen trifft, tönt es sogleich freundlich „Hej…“. Auch an Lyø könnte man sich durchaus gewöhnen.
Hier mal ein typisches Insel-Detail:
Der Hafen von Lyø. Fast wähnt man sich im Binnenrevier.
Nach der Inselbesichtigung noch ein wenig die Zeit geniessen. Mit Blick auf den Hafen und die Ostsee, die hier wie einer unserer heimischen Seen daher kommt.
Mittsommer ist die Zeit, in der die Dämmerung gegen halb zwölf immer noch nicht wirklich zur Nacht geworden ist.
Die Stimmung im Hafen wird zunächst ganz langsam romantisch, später mystisch. Die Sonnenuntergänge dauern hier länger. Ein Fest für Freunde des Sundowners!
Alle Farben des Himmels spiegeln sich im Wasser vor und im Hafen, die Silhouetten der Boote wie Scherenschnitte wiedergebend.
Stunden kann man so staunend verbringen. Lyø ist eine spezielle Insel.
Hoffentlich kommt noch mehr davon…
Irgendwann einmal ist auch der schönste Tag zu Ende und mit der Begleitmelodie der summenden Dieselheizung wurden wir unter Deck dann doch langsam mal müde.
Zeit, sich auf den nächsten Tag zu freuen.
Tagesetappe:
Start: Bågø
Zielhafen: Lyø
Seemeilen: 15 Segel / 14 Motor
Fahrtdauer: 05:30 h
3. Die Hex‘ ist tot. Sankt Hans in Ærøskøbing.
Wer am Abend spät in die Koje geht, darf morgens länger schlafen. Deswegen wurde es auch wieder gegen Mittag bis wir die Leinen in Lyø loswerfen konnten. Doch leider hatte Rasmus überhaupt keinen Wind im Gepäck. So konnten wir zwar im T-Shirt, aber leider unter Maschine Lyø an der Nordküste ostwärts laufend verlassen.
Also grobes Ziel wurde für heute entweder das anscheinend pittoreske Ærøskøbing oder, etwas weiter, die aus dem Roman „Wir Ertrunkenen“ bekannte Hafenstadt Marstal anvisiert. Kurz: Es wurde eine kurze Überfahrt nach Ærøskøbing, denn so ganz ohne Wind macht Segeln ja nun auch nicht so richtig Spass.
Um 14:00 Uhr entschieden wir uns also den Kurs entsprechend zu setzen und bereits gegen 15:00 lagen wir fest im leeren Hafen von Ærøskøbing. So schnell kann das gehen, da hat man vor Ort etwas vom Tag.
Denn heute war das Sankt Hans Fest angekündigt, dass wir uns auf keinen Fall entgehen lassen wollten.
Ærøskøbing: La plus belle Ville de Danemark.
Würde Ærøskøbing nicht auf Æerø in Dänemark sondern in Frankreich liegen, es hätte den Titel eines der schönsten Dörfer des Landes erhalten. Ganz sicher!
Solche aus dem Bilderbuch entsprungenen Realitäten kann man mögen. Muss man aber nicht unbedingt.
Zumal sich eine solche pittoreske Atmosphäre in aller Regel auf den Preis und die Qualität des touristischen Angebots niederschlägt. Ich bin also immer etwas skeptisch, wenn ich an ein solches real existierendes Freilichtmuseum gerate. Meist liege ich damit auch richtig.
Aber eben: Meistens.
Denn im Fall von Ærøskøbing stimmt dieses Vorurteil nicht ganz.
Dieser Ort konnte trotz der Heerscharen von Touristen, die sich durch die engen Gassen drängen, seine eigene Stimmung bewahren. Die spürt man schnell, wenn man die ausgetretenen Pfade verlässt und einfach mal um die Ecke schaut. Dorthin, wo die schönen Häuser aufhören, die einfachen Fischbrötchen-Buden auf Kundschaft warten und die Menschen im Hafen ihrer Tätigkeit nachgehen.
Selbst inmitten des Trubels herrscht eher gemütliche Freundlichkeit.
Wir konnten ausserhalb der normalen Öffnungszeiten des Fahrradverleihs im Hotel Ærøhus problemlos und preiswert ein paar Fahrräder mieten und uns damit auf den weiten, weiten Weg nach Marstal machen.
Denn für den nächsten Tag war Starkwind gemeldet und bei 6-7 Beaufort wollten wir als Revierunkundige nicht unbedingt durch das dortige Flachwasser navigieren.
Marstal. Zu Besuch bei den Ertrunkenen.
Eine wirklich gute Einstimmung auf einen Segeltörn in das dänische Inselmeer ist der Roman „Wir Ertrunkenen“ von Carsten Jensen. Kaum kommt man in Marstal an, wähnt man sich im Buch.
Das Marstal früher einmal ein bedeutender Handelshafen war merkt man in der ganzen Stadt. Besonders aber im Hafen selbst, wo das beeindruckende Trockendock im schlauchförmigen Hafenbecken einen echten Blickfang bietet.
Der lange, schlauchförmige Hafen bietet am südlichen Ende sehr vielen Jachten einen Liegeplatz. Trotzdem ist er anscheinend in der Saison immer sehr gut gefüllt.
Denn Marstal bietet sich für die aus Deutschland ankommenden Segler als erster Stopp in der dänischen Südsee an und ist dementsprechend gut besucht.
Da gilt der gute alte Spruch: „Früher Vogel fängt den Wurm“ wenn es um einen guten Liegeplatz auf dem Weg von oder nach Deutschland geht.
Der Atmosphäre tut das aber keinen Abbruch: Es geht entspannt zu und her in Marstal.
Mehr als nur ein kurzer Stopp auf dem Weg in das dänische Inselmeer sollte drin liegen. Es lohnt sich, denn auch das alte Städtchen mit seinen Sehenswürdigkeiten ist einen Besuch wert.
Gegen Abend verliessen wir Marstal wieder mit dem Fahrrad.
Über Felder und Wiesen, immer die Ostsee auf der rechten Seite, schlängelt sich der Fahrradweg in Richtung Ærøskøbing und ehe man sich versieht sind die knapp 20 Kilometer in den Pedalen verschwunden.
Sankt Hans: Die Hexe brennt.
Ab acht Uhr am Abend beginnen sich die Dänen an den Stränden zu versammeln und mit dem langsamen Eindunkeln beginnt man die Hexen und Trolle aus den Dörfern auf den Blocksberg zu verjagen.
Hvert sogn har sin heks og hver by sine trolde,
dem vil vi fra livet med glædesblus holde;
vi vil fred her til lands,
Sankte Hans, Sankte Hans!
den kan vindes, hvor hjerterne aldrig blir tvivlende kolde!
(Midsommervise, Holger Drachmann)
Am Strand von Ærøskøbing wurde dazu ein grosser Scheiterhaufen errichtet auf dem zuoberst eine erschreckend realistisch dargestellte Hexe in Form einer verkleideten Puppe auf ihre Verbrennung wartete.
Kurz vor Neun war es dann soweit: Unter dem Gesang der „Midsommervise“ wurde der Scheiterhaufen in Brand gesteckt und mit der reinigenden Kraft des Feuers die Hexe zurück in den Harz, auf den Blocksberg, gejagt.
Auch eine „echte“ Hexe hatte sich aus Ihrem Kräuterhäuschen getraut. Zum Glück drohte ihr nicht dasselbe Schicksal wie ihrer Kollegin auf dem Reisighaufen.
Noch während das Feuer am Abbrennen war, löste sich die Gesellschaft relativ schnell wieder auf und überliess die Hexe ihres Schicksals.
Überall in Dänemark passierte zur selben Zeit genau das Gleiche.
Die Hexen flogen alle gleichzeitig in die selbe Richtung. Es erhob sich also kurz nach der erfolgten Verbrennung ein rauschender Wind, wohl hervorgerufen durch die vielen Flughexen, die gleichzeitig mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Süd-Ost unterwegs waren.
Bis zu 28 Knoten Wind, quasi aus dem Stand heraus, verursachten ein nettes Pfeifkonzert im Rigg der hier liegenden Yachten.
Was würde echt der morgige Tag bringen?
Wir warten gespannt…
Tagesetappe:
Start: Lyø
Zielhafen: Ærøskøbing
Seemeilen: 0 Segel / 15 Motor
Fahrtdauer: 03:00 h
4. Tiefe Wolken.
Die ganze Nacht hindurch pfiff der Wind in den Masten, trieb die schon bekannten Schauerzellen aus Westen vor sich her. Sollen wir echt da raus?
Wir überlegten und studierten. Die im Hafen liegenden Skipper waren sich uneins: Ein Teil der Boote lief aus und wir standen am Ufer und schauten dem schaukelnden, stampfenden Spektakel zu das sich uns bot, wenn die Yachten die Abdeckung hinter sich gelassen hatten.
Nein, das wollten wir uns dann doch nicht antun, zumal der Wind in die Bucht stand und wir so recht weit hart am Wind hätten aufkreuzen müssen. Andererseits lockte aber das Starkwindabenteuer irgendwie doch.
Gespalten auch unsere Crew – am meisten wohl der Skipper 😉
Gut schweizerisch gab es dann einen Kompromiss, der alle zufrieden stellte. Wir warteten ab, bis der Mittelwind unter die Marke von 20 Knoten gefallen war, was laut Windfinder gegen 16:00 Uhr der Fall hätte sein sollen. Und dann raus – Richtung Søby. Immer noch auf Ærø, aber doch schon unserem weiteren Törnverlauf nahe liegend.
Um 17:00 Uhr schliesslich war unter Deck alles verstaut und gesichert, die Mannschaft ausgerüstet. Es konnte losgehen!
Der Wind, nun noch moderat um die 20 Knoten wehend, füllte schön gleichmässig die gerefften Rollsegel und so hangelten wir uns in den nächsten drei Stunden kreuzend gen Westen, der Hafenstadt Søby entgegen.
Den etwas industriell wirkenden Hafen erreichten wir gegen 20:00 Uhr. Glücklich über diesen fantastischen Segelschlag und das gelungene Anlegemanöver liessen wir den Tag an Bord ausklingen.
Tagesetappe:
Start: Ærøskøbing
Zielhafen: Søby
Seemeilen: 15 Segel / 2 Motor
Fahrtdauer: 03:30 h
5. Dyvig. Klassische Schönheiten.
Die Dyvig ist in der dänischen Südsee wohl so etwas wie der bekannteste Geheimtipp. Aber auch hier hatten wir Glück und fanden ohne Probleme Aufnahme im Hafen. Aber der Reihe nach.
Um von Søby nach Dyvig zu kommen, muss Æerø gerundet und der kleine Belt gequert werden. Dann hat man die Qual der Wahl: Entweder direkt nordwestlich den kleinen Belt hinauf und dann „links“, an Nordborg vorbei in den Als-Fjord einbiegen oder, reizvoller, zunächst südwestlich halten und dann den Flensborg-Fjord entlang, durch Sønderborg hindurch den Als-Sund nach Norden hinauf fahren.
Wir entschieden uns für die längere Variante durch die Stadt Sønderborg. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte.
Den ersten Teil der Etappe bei leichten Westwinden noch unter Segeln fahrend, musste an Sønderborg dann leider mal wieder die Maschine ran. Denn wieder einmal schlief der Wind vollständig ein und wir konnten im T-Shirt unsere Warterunden im Hafenbecken der alten Stadt Sønderborg drehen.
Warten auf die Öffnung der Strassenbrücke in den Alssund.
Angeblich soll ja eine Uhr die restliche Wartezeit anzeigen, aber bei uns war da Fehlanzeige. Übrigens genau wie bei der Ampel, die die Durchfahrt regeln sollte: Dauerrot – in beide Richtungen trotz Brückenöffnungen. Naja, hält sich eh keiner dran: Also durch, wenn Brücke offen…
Die Fahrt durch den Alssund dauert in etwa eine Stunde, während der man einer gut betonnten Fahrrinne folgt. Man folgt der Ostsee hier wie einem Fluss, mitten durch liebliche Landschaften hindurch. Felder, Häuser und kleine Weiler wechseln sich ab, eine gemütliche Fahrt.
Ehe man sich versieht, öffnet sich das Wasser wieder und man ist im Alsfjord. Jetzt ein wenig aufgepasst, das man die Einfahrt in die Dyvig-Bucht nicht verpasst.
Die Einfahrt ist wirklich speziell, ziemlich eng und für den Revierneuling sicher recht spannend.
Ein Auge auf die Kurslinie, dem Tonnenstrich folgend, das andere Auge auf dem Lot, die Wassertiefe kontrollierend.
Wenn wir gewusst hätten, dass grade am Tag unserer Ankunft ein Schlepper die Einfahrt vertieft hatte um klassischen 12mR Yachten die Durchfahrt zu ihrem Trainingsort – Dyvig Bugt – zu ermöglichen, wären wir sicher entspannter durch die Einfahrt gefahren.
Aber welch Überraschung, diese klassischen Schönheiten grade in „unserem“ Hafen zu finden. Neben der landschaftlichen Schönheit der Dyvig und dem toll anzusehendem Hotel dort ergänzten diese Schmuckstücke den unaufdringlich noblen Eindruck geradezu perfekt.
Die Yachten und ihre Crews bereiteten sich im Alsfjord auf eine Meisterschaft vor und wählten – durchaus passend – die Dyvig als Basis für Ihre Trainingsaktivitäten.
Diese alten Boote sind wirklich tolle Hingucker. Zum Glück gibt es Menschen, die sich so gut um diese alten Boote kümmern und sie nicht nur am Leben erhalten, sondern auch noch richtig fordern. Ich konnte nur einen einzigen Stilbruch sehen: Das Boot der U.S. Mannschaft hatte einen modernen Alu-Mast.
Das biss sich ein wenig mit dem alten Material, sicherte aber bestimmt einen guten Platz in der Wertung.
Im Hafen von Dyvig befindet sich auch die Basis von Bent Larsen Yachtcharter. Bent ist (sehr netter) Hafenmeister dort und als Startort eines Törns in die Südsee würde sich die Dyvig sicher auch anbieten.
Wir speisten dann noch fürstlich im Hotel und fielen dann satt und zufrieden in unsere Kojen.
Tagesetappe:
Start: Søby
Zielhafen: Dyvig
Seemeilen: 12 Segel / 28 Motor
Fahrtdauer: 08:15 h
6. Matjes? Yes!
Bevor wir uns nun aber dem köstlichen Matjes-Mahl widmen durften, gab es auf Wunsch der Crew erst einmal ein „Skipper-Training-Light“.
Den Vormittag verbrachten wir damit, diverse An- und Ablegemanöver auszuprobieren, jeweils mit verschiedenen Varianten. Eindampfen in Vor- und Achterspring, beiderseitig Längsseits anlegen sowie vorwärts und rückwärts in die Box standen auf dem Programm.
Beim Training merkten wir schnell, dass wir schon ein paar Tage mit dem Boot unterwegs waren und die Crew von den geforderten Manövern nicht aus der Ruhe zu bringen war. Also Kurs aus der Dyvig hinaus und ab nach Aabenraa, denn der Törn neigte sich dem Ende zu.
Unterwegs gab es dann noch das sensationelle Matjes-Tartar, inspiriert von dem tollen Blog „Die See kocht“. Ein von mir sehr empfohlenes Bookmark übrigens!
Im engen Hafen von Aabenraa konnte dann noch das eine oder andere Manöver, z.B. an der Tankstelle, ausprobiert werden bis es dann um 17:00 Uhr hiess: Fest in Aabenraa. Törnende!
Tagesetappe:
Start: Dyvig
Zielhafen: Aabenraa
Seemeilen: 0 Segel / 12 Motor
Fahrtdauer: 08:15 h
7. Fazit.
Mit Südsee hat das Wetter nun ja so gar nichts zu tun. Aber sonst ist das schon Klasse da, im Dänischen Inselmeer.
Ich kann nun recht gut verstehen, warum da so viele Segler immer wieder hinfahren um ihren Urlaub zu verbringen. Tolle Infrastruktur, nette Menschen und ein Revier das man auch in mehreren Jahren nicht vollständig erkundet haben wird.
Navigatorisch bietet das Gebiet meiner Meinung nach keine besonderen Schwierigkeiten. Wenn man Seezeichen lesen kann, den Wetterbericht beachtet und man grade im Bereich zwischen Æero und Fyn die Tiefe im Auge behält sollte man viel Spass haben.
Ein guter Revierführer ist immer ratsam.
Wir hatten die Führer „Dänemark 1“ und „Dänemark 2“ an Bord und kamen damit sehr gut klar. Allerdings muss man für eine ordentliche Abdeckung der Häfen leider beide Revierführer erwerben.
Meine Empfehlung: Hinfahren! Segeln!
Praktische Infos zu Revier, Charter, Anreise und Häfen
Hier findest Du die weiterführenden Infos, Weblinks und seemännischen Erläuterungen zum befahrenen Revier.
Vielleicht hilft Dir der eine oder andere Hinweis weiter. Solltest Du andere Erfahrungen gemacht haben oder weiterführende Tipps haben: Weiter unten auf der Seite gibt es das Kommentar-Formular. Ich freue mich wirklich sehr über Deine Meinung und Mithilfe!
- Praktische Revierinfos online und offline:
- Online: http://www.sejlerens.com/?region=999
- Online: Marina-Guide.de
- Online: Revierführer Dänemark auf ESYS.org
- Auf Papier: „Dänemark 1“ und „Dänemark 2„
- Aabenraa ist am besten mit dem eigenen Fahrzeug zu erreichen. Wir kamen teilweise mit dem öffentlichen Verkehr und die Anreise gestaltete sich ab Hamburg dann doch ziemlich zäh.Tipp: Mit dem Auto anreisen oder sonst ab Flensburg / Heiligenhafen chartern!Aabenraa selbst ist eine eher industriell geprägte, kleine Stadt mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten.
Ein idealer Startpunkt in die Inselwelt der dänischen Südsee, man spart mindestens einen – wenn nicht zwei – Törntage für die Anreise von Hiddensee oder Flensburg nach Marstal oder einen anderen Hafen im Zielgebiet.
Ein grosser Supermarkt befindet sich ca. 500 Meter in Richtung Stadtzentrum, ein Einkaufszentrum ist etwas ausserhalb des Ortes gut zu erreichen.
Wer etwas mehr Zeit mitbringt, erkundet die Altstadt von Aabenraa.
Die soll schon fast an Ærøskøbing heranreichen und absolut einen Besuch wert sein.Aabenraa und die Lage im Aabenraa-Fjord in Google-Maps: https://goo.gl/maps/6oUoL
- Dagen Yachtcharter war ein Treffer, was persönlichen Service und den Zustand unseres Bootes angeht.
Das man die Charter-Kaution in Bar hinterlegen muss mutet ein wenig anachronistisch an und das die gebuchten Extras inkl. der Bettwäsche nicht an Bord waren, mag für einmal entschuldigt sein.
Jan war auf jeden Fall ein sehr netter und freundlicher Stationsleiter, der seine Zusagen und Termine gut einhielt. Der Checkout war ebenfalls schnell und fair – Dagen kann man also empfehlen, es empfiehlt sich vor Charterbeginn kurz direkt bei Dagen nochmal nachzufragen ob evtl. Extras auch an Bord sind 😉Dagen Yachtcharter: Von mir gibt es 4 von 5 Sternen.Direktlink: http://yachtcharter-dagen.de/ - Insel Bågø – BasisinformationenHafen auf Google-Maps: https://goo.gl/maps/yWYYA
Infos zum Hafen und Ansteuerung: http://www.segel-filme.de/haefen/bago-infos/
Bericht über Bågø auf „Die See kocht“: http://www.dieseekocht.com/ - Insel Lyø:Café Højen: http://www.hojenlyo.mono.net/ (DK)
Hafen Lyø: http://lyohavn.mono.net/
Reiseinformationen zu Lyø: http://www.skantravel.de/daenemark-lyoe.php - Die Insel Ærø:Skipperguide Ærø: https://www.skipperguide.de/wiki/%C3%86r%C3%B8
Einige gute Infos zum Hafen von Ærøskøbing:
http://www.nv-pedia.de/hafenplan-s1214-aeroskobing/
Hafenführer zu Søby:
http://www.sejlerens.com/?havn=2269 - Die Dyvig:Skipperguide Dyvig: http://www.skipperguide.de/wiki/Dyvig
Larsen Yachtcharter ab Dyvig: http://yachtcharterdanemark.de/
Segel-Filme.de über Dyvig: http://www.segel-filme.de/haefen/dyvig/
Kleine Häfen, grosser Himmel und brennende Hexen.
Als kleines Turisten-/Seglerbüchlein schon sehr publizierbar…! Toll !!
(viele Grüsse, einst in Sonderburg wohnsässig !)
Ein feiner Bericht, sehr liebe- und humorvoll. Schöne Fotos, macht alles Lust gleich wieder loszufahren.
Have Fun und mehr davon wünscht (sich) Jan
Schöner Bericht und danke für die Verlinkung. Übrigens liegt neben der Dyvig die ruhigere Mjelsvig. Dort gibt es eigentlich immer Plätze, auch in der Saison. Die Einfahrt ist gut betonnt (bitte nicht abkürzen) und Schiffe bis 2m Tiefgang kommen locker rein.
Liebe Grüße
Cornelia von „Dieseekocht.com
Hi Cornelia,
immer wieder gern geschehen!
Tolle Blogs – so wie deinen – verlinke ich sehr gern, ich find‘ den Linkgeiz heutzutage eher mühsam.
Danke für die Ergänzung 🙂
Viele Grüsse
Uwe